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Arsenminderungsprogramme in Bangladesh – zu spät

Quelle: Daily Star, Januar 8, 2001 von Dr. Jamal Anwar

Am 30.November 2000 besuchte ich Vashan Char, Faridpur, wo mich Dorfbewohner über mehrere Fälle von Hauterkrankungen informierten, die weder durch Antibiotika noch Krankenhausbesuche abheilten. Ich hörte von Salauddin, einem Bauern, und Sulekha, 18 Jahre alt, die an einer ernsthaften Hautkrankheit litten. Ich besuchte sie und fand Salauddin übersät mit infizierten Hautstellen, zu schwach etwas zu tun und fast nur im Bett liegend. Als erstes testete ich den Brunnen, der, 95 Fuß tief, die erstaunlich hohe Arsen­Konzentrationen von 1,45 mg/L enthielt (145 mal mehr als der WHO Grenzwert).

Alle Brunnen dieser Tiefe enthalten sehr hohe Arsen­Konzentrationen. Überraschenderweise enthalten Brunnen mit 60 Fuß Tiefe Arsen im Bereich des Bangladesh Grenzwertes (0,05 mg/L). Es wird dauern bis Salauddin sich erholen kann. Arsenvergiftungen können gemildert werden, wenn sie in einem frühen Stadium entdeckt werden. Es gibt keine Medizin gegen Arsenvergiftung. Wie suchten nach Sulekha im Krankenhaus von Faridpur. Es war ein Schock, ein dreckiges Krankenhaus zu sehen, wo die Patienten überall auf dem Boden liegen, während Verwandte ihnen Essen, Wasser, Medizin von draußen bringen. Sulekha, gerade verheiratet, lag im Koma. Sie war ein gesundes, hübsches Mädchen gewesen, aber jetzt lag ein beinahe ausgebleichtes Skelet dort im Bett. Sie bekam Bluttransfusionen und die Familie dachte, danach wäre sie geheilt. Es schien, als hätte sie Leberzirrhose. Sulekha kämpfte um ihr junges Leben. Sie weiß nicht, daß sie vergiftetes Wasser trinkt. Auch die Ärzte fragten nicht nach einer Wasseranalyse.

Ist das der Anfang einer Tragödie einer Nation, die niemals vorher geschah? Millionen von Landbewohnern haben keine Lobby und warten auf das Schlimmste.

Nehmen wir eine mittlere Konzentration von 0,25 mg/L an. Eine Person, die 1,5 L pro Tag konsumiert und das für 10 Jahre, wird ungefähr 6 g Arsen nur durch Trinkwasser aufnehmen. In der Literatur wird berichtet, daß 3 bis 25 g Arsen, wenn es über 1 bis 22 Jahre konsumiert wird, Leberschäden in Form von Zirrhose und Hypertonie verursacht (Morris et.al., 1974). Denkt man an die armselige gesundheitliche Situation der Mehrheit der Menschen in Bangladesh sind es sehr wahrscheinlich die dosisabhängigen Effekte, die schlimmer und verheerender sein werden. Ich konnte keinerlei Arsen­Projekte der Weltbank, UNICEF, DPHE, NGOs Programme zur Identifizierung von Brunnen sehen. Diese hatten sich exzellent bei der internationalen Konferenz präsentiert und informierten über ihre Programme, gekrönt von fett dekorierten Wörtern im Internet. Aber die leidenden Dorfbewohner wissen davon nichts. Wenn sie Wasserproben zu DPHE bringen, wird ihnen gesagt, daß sie keine Analysen machen können, weil sie keine Chemikalien haben. Andere berichten von widersprüchlichen Analyseergebnissen.

Seit 1993 ist die Arsenkontamination im Land bekannt. Bangladesh als eines der ärmsten und dichtbesiedeltsten Länder der Erde steht obenan bei Überschwemmungen, Stürmen, Hungersnöten und Krankheiten, aber ist nun mit der versehentlichen Vergiftung von etwa 85 Millionen der 125 Millionen Einwohner durch arsenverseuchtes Wasser konfrontiert (The Independent, U.K., October 11, 2000).

Die Arsenminderungsprogramme, finanziert durch die Weltbank/Spenden, sind hoffnungslose Fälle von Ineffektivität, Bürokratie, Korruption, fehlender Kapazität, fehlender Fähigkeiten, fehlender Professionalität, etc. (Hoorens and Koender, Deltf University, Netherlands, 1999).

Bis jetzt hat keine Hilfe die Menschen erreicht. Das meiste Geld wird darauf verwendet, Seminare zu organisieren, auf internationale Experten und Brunnen zu zählen. Für Wassertests, die in machen Teilen des Landes gemacht werden, verlangen NGOs 20­30 Taka, was viele arme Menschen sich nicht leisten können. Über 35 Millionen Dollar wurden für Arsenprogramme bewilligt. Nun hören wir, daß sie mehr Geld brauchen, da es mehr als die erwarteten 5 Millionen Brunnen gibt.

Viele internationale Experten und NGOs besuchten die Gegend um Fardipur ­ sammelten Haare, Nägel, Haut, photographierten und versprachen, ihnen durch zur Verfügungstellung von arsenfreiem Wasser zu helfen, aber die Dorfbewohner haben sie nie wieder gesehen. Überraschenderweise wurden im Rahmen eines Programmes zwei neue Brunnen gegraben. Beide waren hoch kontaminiert mit Arsen.

Ich hatte die Absicht ein Arsenbeseitigungsprojekt zu starten, das durchgeführt wird durch die Dorfbewohner mit traditioneller Weisheit, die selbst die Arsenabtrennungsfilter produzieren und erhalten können. Aber ich bekam nie eine Antwort von UNESCO und das Department of Environment hat nun alle Projekte aufgeschoben. Weiterhin hat das NGO Forum berichtet, daß sie in diesem Gebiet bereits engagiert seien, aber nirgendwo wurde irgendeine Aktivität gesehen.

In Faridpur werden Tiefbrunnen nach konventionellen Methoden gegraben, trotz Warnung (Anwar, 2000), und nun sind diese Brunnen auch kontaminiert. Der tief gelegene, unkontaminierte Wasserhorizont wird ebenfalls bald kontaminiert sein wie es in Westbengalen, Indien passierte (Mandal et.al., 1996). Unter dem Arsenminderungsprogramm werden Brunnen identifiziert mit roter (nicht erlaubt) und grüner (erlaubt) Kennzeichnung. Dies hat sich als ineffektiv erwiesen. Ich habe mehr als 300 Dörfer besucht, aber ich konnte keine gekennzeichneten Brunnen entdecken, selbst dort, wo bereits Menschen gestoben sind. Es gibt einige Arsenabtrennungsfilter auf dem Markt. Alle haben Nachteile ­ zu teuer, schwierig zu bedienen, nur einige Male zu benutzen, ein Gift wird durch ein anderes ersetzt, kein Entsorgungsprogramm, etc. Nachdem ich einige Dörfer bereist hatte, fand ich heraus, daß die offenen Brunnen oder bangla Kua or Indira kein Arsen enthalten, aber diese Art Brunnen ist aus Bangladesh verschwunden durch die Aktivitäten von UNICEF und andere Organisationen. UNICEF und die anderen Organisationen sollten die offenen Brunnen wieder aufbauen und die Tiefbrunnen zu ihren Hauptquartieren schicken, denn ihre Berater (British Geological Survey und Mott MacDonald Ltd. U.K.) haben berichtet, daß Arsen in Bangladesh immer präsent war.

Die Faridpur Wasserversorgung wurde während der britischen Kolonialzeit gebaut und enthält zwei offene Wasserbecken ­ erst das Oxidationsbecken, dann das Sedimentationsbecken. Das Wasser, das vom Grundwasser hochgepumpt wird, enthält hohe Arsen­Konzentrationen, aber nach Oxidation, Sedimentation und Filtration ist das Wasser unterhalb des Bangladesh Grenzwertes. Dieser Prozess kann noch verbessert werden. Solche Systeme können leicht in den am stärksten betroffenen Gebieten auf kommunaler Basis eingeführt werden und bedürfen keinem Knowhow von außen oder den Import von Hochtechnologie. Der arsenverseuchte Schlamm kann durch günstige, biologische Abtrennungsverfahren entsorgt werden.

Die Menschen werden mehr Methoden und Überlebensstrategien entwickeln, wenn wir wirklich überleben wollen und die vorübergehenden Geschäftsinteressen vieler westlicher Firmen ablehnen, die inadequate und teure Technologien anbieten.

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