SOS-arsenic.net

 

Gentechpflanzen als Arsen-Entsorger

Neue Versuche zur Beseitigung des Giftes:

Ein Team amerikanischer Pflanzenwissenschafter unter der Leitung von Richard Meagher von der University of Georgia hat auf der Suche nach Lösungen für das weltweite Problem von mit Arsen verseuchtem Trinkwasser auf Pflanzen zur Wasserfilterung zurückgegriffen. Bei dieser als Phytosanierung bezeichneten Methode sollen Schwermetalle und andere toxische Verbindungen von den Wurzeln aufgenommen und in der pflanzlichen Biomasse endgelagert werden.

Leihorganismus Bakterium

Die von den amerikanischen Forschern bei ihrer Studie verwendete Modellpflanze, die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana), ist jedoch wie die meisten Pflanzen nicht von Natur aus dazu geschaffen, als Lager für die wasserlösliche Form des Arsens, das Arsenat, zu dienen. Daher haben sich die Forscher die dazu erforderlichen Eigenschaften bei dem Bakterium Escherichia coli "ausgeliehen". Sie setzten dabei vor allem auf die Fähigkeit bestimmter schwefelhaltiger Thiol-Gruppen, mit der chemisch reduzierten Form von Arsen, dem Arsenit, unlösliche Komplexe zu bilden. Solche Thiol-Gruppen kommen in der Natur bei einer Reihe von Proteinen vor, die an der Entgiftung von Stoffwechsel-Endprodukten und toxischen Substanzen in der Zelle beteiligt sind, und finden sich in geringen Mengen auch in der Acker-Schmalwand

Die Forscher verfolgten nun eine Doppelstrategie: Zum einen schleusten sie in das Arabidopsis-Genom ein Bakterien-Gen ein, das die Umwandlung von Arsenat in Arsenit steuert. Ein weiteres Gen von E. coli sollte dann die Biosynthese der für die Komplexbildung benötigten schwefelhaltigen Thiol-Gruppen erhöhen, so dass eine Akkumulation von Arsen erfolgen kann. Damit die Endlagerung in den Blättern und nicht bereits in den Wurzeln erfolgt, bedienten sich die Forscher eines weiteren Tricks. Sie sorgten dafür, dass das eingefügte Gen für das Enzym Arsenat-Reduktase, das die Umwandlung von Arsenat in Arsenit steuert, nur bei Licht abgelesen wird.

Die Arsenit- Bildung und damit auch die Bildung der unlöslichen Komplexe erfolgt so nur in den oberirdischen Organen der Pflanze. Tatsächlich konnten die auf diese Weise hergestellten transgenen Pflanzen unter Bedingungen wachsen, bei denen mit 15"Milligramm Arsen pro Liter Wasser der WHO-Grenzwert von 10"Mikrogramm pro Liter Trinkwasser um mehrere Zehnerpotenzen überschritten sind. Diese Fähigkeit empfiehlt das neue Phytosanierungssystem nach Ansicht der amerikanischen Wissenschafter bestens für die Praxis. Zu diesem Zweck müsste es dann allerdings noch auf Pflanzen übertragen werden, die für einen grossflächigen Anbau auf Feldern geeignet sind.

Dass der unter Laborbedingungen vielversprechende Ansatz tatsächlich in Ländern wie Bangladesh zum Einsatz kommen wird, ist nach Ansicht von Beat Frey von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf derzeit aber eher unwahrscheinlich. Die vorgestellten Ergebnisse seien zwar wissenschaftlich sehr interessant, weil es unter anderem gelungen sei, die Arsenakkumulation von den Wurzeln, wo sie normalerweise stattfindet, in den Spross zu verlagern. Angesichts der anhaltenden Diskussion um Gentechpflanzen sieht Frey aber eher Chancen für spezielle, von Natur aus gegen Arsen resistente Pflanzen, wie etwa eine vor einiger Zeit beschriebene nordamerikanische Farnart

Einheimische Baumarten als Alternative?

Auch Bäume seien gute Kandidaten, um Arsen aus dem Boden und dem Grundwasser zu entfernen, da sie über eine grosse Biomasseproduktion verfügten und somit geeignete Arsen- Endlager darstellten, erklärt Frey. Dass dabei transgene Arten verwendet werden müssen, hält der WSL-Forscher nicht für unbedingt nötig: Derzeitige Versuche der WSL zur Sanierung schwermetallbelasteter Böden in der Schweiz mit einheimischen Baumarten - Weide, Pappel und Fichte - seien recht erfolgversprechend, da die Schwermetalle in den Wurzeln gespeichert würden und dadurch eine Verlagerung der giftigen Verbindungen verhindert werde. Die tieferen Wasserschichten blieben so schwermetallfrei und könnten unbedenklich als Trinkwasser genutzt werden

Der Einsatz dieses transgenen Verfahrens für die Filtrierung von Trinkwasser, etwa in Pflanzen-Kläranlagen, ist auch nach Auffassung von Peter Kuschk vom Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle in Deutschland unwahrscheinlich, weil der hierfür erforderliche "Wasserdurchfluss" schon rein pflanzenphysiologisch nicht erreicht werden könne. Dies bedeute jedoch nicht, dass man nicht weiterhin versuchen solle, dieses dringliche Problem durch innovative Forschungsstrategien zu lösen, so der Forscher

Quelle: Nature Biotechnology 20, 1140-1145 (2002).

 

Top of Page
Home